Kunst
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Zwischen Horst & Günther
Ein Projekt zu Berufsbildern
1. Lehrjahr, OSZ Handel 1
2016

Info ↘

ZWISCHEN HORST & GÜNTHER

Unsere Arbeit mit den Auszubildenden des OSZ Handel begann als Projektblock zum Einstieg in die schulische Ausbildung zum Großhändler. Thematisch wollten wir uns das Verhältnis von Beruf & Berufung ansehen. Im Laufe der Tage fanden wir heraus, dass es schwierig ist, sich mit einem Berufsbild zu beschäftigen zu dem sich kaum eine*r berufen fühlt. Der Projektblock wurde von uns, im Rahmen der KontextSchule (UDK) in Kooperation mit Regina Liepeund dem OSZ Handel geplant und durchgeführt. Als Durchführungsort stand uns das Bildungsschiff Horst Günther zur Verfügung. Hier konnten wir in einem außerschulischen Raum in beengter aber auch besonderer Atmosphäre miteinander auf der Spree arbeiten.

BANANENMANN

Wir baten die Teilnehmer*Innen um ein Bild zu ihrem Berufswunsch. Das erste Fazit: viel Glamour & wenig Handel. Unser Berufsbild: Erwin Wurm, Künstler des Jahres 2009. Ein Mann mit Bananen unter den Achseln und zwischen den Beinen. Nach kontroverser Diskussionum Sinn & Unsinn, Provokation und Bedeutung, kulminiert die erste Stunde auf dem Schiff darin, dass die halbe Klasse am liebsten über Bord gehen will.

IDOLE & TRAUMBERUF

Nachdem der Skandal das Gesprächsfeld öffnete, beschäftigten wir uns mit den Bildern der Teilnehmer*Innen. Von Angelina Jolie, Pablo Escobar, einem Mann am Kochtopf und einer jungen Frau mit Kindern ist alles dabei. Kurze Einheiten mit Schreiben, Gespräch, Zuordnungen und Neusortierungen um die Berufsbilder herum, schaffen den thematischen Einstieg zu folgendenFragen: Was vermittelt mir das Bild? Was ist tatsächlich zu sehen? Was kommt da zum Ausdruck? Gibt es Ansprüche, Wünsche, Versprechungen an/für mich? Was sind meine Talente?

WERTE & TALENT

Das Schreiben lässt gedanklich-begriffliches gerinnen, auf der Suche nach möglichen Beziehungen, zwischen Werten, Wünschen, Träumen und Berufsbildern. Diese Bausteine verarbeiten wir collageartig. Entstandene Worte und WERTE: Gesundheit IIII, Ehrlichkeit I, Vertrauen II, Liebe I, Ehre I, Religion II, Stolz I, Familie IIIIIIIIIII, § 31 I, Islam I, Laz I, Spinne 44 NK I, Weltherrschaft I, Glaube II, Freunde IIII, Loyalität II, Humor I, Geld I, Treue III, Fußball I, Boss I, Mama I, Wahrheit I. Texte helfen uns den Bildern eine Richtung zu geben und Kommentare vorzunehmen.

TALENT

„anderen zuhören“„kritisch sein“„Ich kann Leuten helfen.“„tanzen, Haare machen“„Ich kann gut zuhören“„guter Zuhörer“„Ich kann gut mit Leuten umgehen.“„Ich kann gut Menschen einschätzen“„Fußball spielen, gut zuhören“„Auto fahren, Umgang mit Kindern“„gut organisieren“„Ich kann besonders gut atmen, schon seit klein an und war schon immer in Mathe begabt“„Fußball spielen, putzen“„Politik sprechen“„Ich kann gut Menschen zuhören wenn es denen nicht gut geht.“„Mit Leuten sprechen die Probleme haben, gut organisieren, Streit schlichten“„Ich kann gut Probleme lösen“

BLAU

Der Schiffsbauch ist in schummriges Licht getaucht, um mit der lichtempfindlichen Lösung aus Eisensalzen, Fotopapiere für das Belichten von Cyanotypien anzufertigen. Das Verarbeiten der Berufsbilder zu Schablonen gibt den glatten Oberflächen der medialen Vorstellungswelt einen persönlichen Akzent, der klarer zeigt worum es sich zu drehen scheint. So tritt auf einmal die Krawatte als Symbol in den Vordergrund, als Nimbus des Erfolgs, während die Leonardo di Caprio´s dem Handwerk zum Opfer gefallen sind.

ZÄHLEN, MESSEN, ABLICHTEN

Selbstpräsentation spielt nicht nur für Bewerbungsgespräche eine Rolle, sondern ist in Zeiten von New Media ein täglicher Nebenjob. Damit hängt die Frage zusammen, was ich in diesem Moment zeigen will und was nicht. Diesen Raum versuchten wir an unterschiedlichen Stationen zu betreten. Ein Polaroid Foto von sich selbst inszenieren, körpereigene Maße abnehmen und auf Stoffbänder übertragen, den Fußumriss aufzeichnen und die Druckzonen versuchen zu verzeichnen.

NOTIEREN, ANORDNEN, PRÄSENTIEREN

Am Ende des dreitägigen Workshops steht der Versuch, die verschiedenen Ergebnisse zusammen zu collagieren, und ein Verhältnis zu dem zu bekommen, was sich über die Tage verändert hat. Auf der Fläche und in der Seele. Das vor der Klasse zu versprachlichen, stellt sich als Heraus- und Überforderung dar. Nicht zuletzt weil zum Abschluß gegrillt wird und der Zahn schon tropft.

MAGAZIN UNTER 4 AUGEN

Zum Abschluß gestalten wir mit dem Material ein Magazin. Jede_r Teilnehmer_In bespielt eine Doppelseite zum eigenen Berufsbild. Allerdings wird schnell deutlich: „Wer liest schon Zeitung?“ Wir richten zwei Tische ein, um in 4-Augengesprächen der Frage näher zu kommen, wie nah das tatsächlich Reale dem eigenen Berufswunsch steht. ‚Warum bist du hier?‘ Bereitwillig und offen erzählen uns viele Teilnehmer*innen, dass sie eigentlich was ganz anderes wollten, ABER…

WAHLPFLICHT

Im Anschluss an unsere Projekttage wurde uns ermöglicht, einen Wahlplichtkurs am OSZ Handel 1  einzurichten.

→ In Kooperation mit Regina Liepe, OSZ Handel 1  & KontextSchule

 

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